# 10 / 2018
12.11.2018

Bundesfinanzen 2019: Achtung Risiken

Gute konjunkturelle Lage und Verrechnungssteuer prägen Einnahmen

Aktuelle Hochrechnungen für 2018 zeigen ein starkes Einnahmenwachstum, das sich 2019 fortsetzt. Die Gesamteinnahmen werden 2019 auf 73,6 Milliarden Franken geschätzt und nehmen im Vergleich zum Budget 2018 um 3,1 Prozent oder 2,2 Milliarden Franken zu. Das für die Einnahmenentwicklung als Richtwert geltende nominale Wirtschaftswachstum liegt bei 2,7 Prozent (reales Trendwachstum von 1,7 Prozent plus 1,0 Prozent Teuerung).

  • Neben der Verrechnungssteuer ist die direkte Bundessteuer der stärkste Treiber des Einnahmenwachstums. Dank der guten konjunkturellen Lage nehmen die Erträge der Gewinn- und der Einkommenssteuer um 6,8 Prozent respektive 4,8 Prozent zu.
     
  • Wird die AHV- und Steuervorlage angenommen, dürfte sich das positive Wachstum bei den Gewinnsteuern auch in den Finanzplanjahren weiterziehen, da die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz gesichert bleibt. Der Bund kann ausserdem aufgrund der geplanten Gewinnsteuersenkungen in den Kantonen mit Mehreinnahmen rechnen (Steuerzahlungen an Kantone und Gemeinden können Firmen beim Bund in Abzug bringen). Mit 4,0 Prozent fällt das durchschnittliche Wachstum der Gewinnsteuer (2018 bis 2022) deutlich höher aus als das durchschnittliche BIP-Wachstum im gleichen Zeitabschnitt (2,7 Prozent p.a.).
     
  • Bei der Einkommenssteuer ist in den Jahren 2018 und 2019 eine starke Zunahme zu beobachten. Grund dafür ist ebenfalls die gute wirtschaftliche Entwicklung. Auch über die Finanzplanjahre ist das Wachstum robust (3,1 Prozent). Gedämpft wird es durch die geplante Abschaffung der Heiratsstrafe 2021 und der damit verbundenen Entlastung der Privathaushalte im Umfang von 1 Milliarde Franken.

Grafik 3

Die Mehrwertsteuer und die direkte Bundessteuer sind die zwei wichtigsten Pfeiler bei den Einnahmen. Die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer sind stetig gestiegen und machen heute 10 Prozent der Bundeseinnahmen aus.

  • Der konjunkturelle Aufschwung ist auch bei den Einnahmen der Mehrwertsteuer, die 2019 stärker als das BIP zunehmen, spürbar. Bis 2022 wachsen die MWST-Einnahmen durchschnittlich um 2,8 Prozent, was in etwa dem nominellen Wirtschaftswachstum entspricht.
     
  • Bei der Verrechnungssteuer wird 2019 aufgrund des starken Wachstums der Vergangenheit ein weiterer deutlicher Einnahmenanstieg von über 14 Prozent erwartet. Ob sich dieser Trend effektiv so fortsetzt – der Bundesrat rechnet bis 2022 mit weiteren hohen Einnahmenzuwächsen – ist aber fraglich. Mehr dazu in Kapitel 4.1.

Grafik 4

Die Einnahmenentwicklung ist geprägt durch die Wachstumsbeiträge der Verrechnungssteuer und der direkten Bundessteuer. Aufgrund von Sonderfaktoren können einzelne Einnahmeposten stärker oder schwächer als der Durchschnitt der Einnahmen wachsen (z.B. Übrige Verbrauchssteuern, Nichtfiskalische Einnahmen).

Im Voranschlagsjahr stechen weiter zwei Entwicklungen ins Auge: die relativ hohe Zunahme der sogenannt «Übrigen Verbrauchssteuern» (3,3 %) und eine starke Abnahme bei den «Nichtfiskalischen Einnahmen» (-16,1 %). Ersteres ist auf die (zeitverzögerte) Integration des sogenannten Netzzuschlags in den Bundeshaushalt zurückzuführen. Die Massnahme ist für den Bund finanziell neutral (reiner Durchlaufposten). Sie trägt aber dazu bei, dass die Einnahmen insgesamt stärker wachsen als das BIP, was für den Bund untypisch ist. Der Rückgang bei den «nichtfiskalischen Einnahmen» ist auf Einmaleffekte im laufenden Jahr 2018 zurückzuführen (Integration Spirituosensteuer in Alkoholverwaltung, Kapitalumwandlung SIFEM und Rückerstattung Infrastrukturfonds), die 2019 nicht mehr anfallen. Die haushaltsneutralen Sonderfaktoren Netzzuschlag und SIFEM sind auch aufseiten der Aufgaben erfasst (Kapitel 3).

Grafik 5

In der langfristigen Betrachtung zeigt sich die Bedeutung der Gewinnsteuer (Firmenbesteuerung) für den Bund. Die Einnahmen sind seit zwei Jahrzehnten immer gewachsen. Die beiden vergangenen Unternehmenssteuerreformen I + II des Bundes haben sich klar ausbezahlt.

Reformen der direkten Bundessteuer …

… für juristische Personen: Das geltende Unternehmenssteuersystem der Schweiz und namentlich die gesonderte Besteuerung der Statusgesellschaften in den Kantonen sind nicht mehr mit internationalen Standards vereinbar. Will die Schweiz steuerliche Gegenmassnahmen im Ausland und einen damit einhergehenden gravierenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts für international tätige Firmen vermeiden, muss sie diese Sonderregeln abschaffen. Die Steuervorlage 17 (SV17) bietet als Nachfolgeprojekt der am 12. Februar 2017 vom Stimmvolk abgelehnten Unternehmenssteuerreform III einen ausgewogenen Mix aus steuerlichen Ersatzregeln und finanzieller Unterstützung für die Kantone. Der Bund ergreift keine eigenen steuerlichen Massnahmen; der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit findet in den Kantonen statt. Da der Bund massgeblich von der steuerlichen Attraktivität der Kantone profitiert, beteiligt er sich an deren Anstrengungen mit einer Ausgleichszahlung von jährlich rund 1 Milliarde Franken. Der Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer wird zu diesem Zweck angehoben (von 17,5 auf 21,2 Prozent). In der Summe schlägt sich die SV17 im Bundeshaushalt mit einem Betrag von rund 600 Millionen Franken nieder. Im Laufe der parlamentarischen Beratung wurde die Steuervorlage mit einer Zusatzfinanzierung für die AHV verknüpft. Der Bund leistet gemäss dem im Parlament getroffenen Kompromiss einen zusätzlichen Beitrag von jährlich rund 800 Millionen Franken an die AHV (Betrag steigend). Darüber hinaus werden als Beitrag zur finanziellen Stabilisierung der AHV die Lohnbeiträge um 0,3 Prozentpunkte erhöht. Das Geschäft heisst deshalb neu Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung STAF (AHV- und Steuervorlage).

… für natürliche Personen: Im Frühling 2018 hat der Bundesrat die Botschaft zur Beseitigung der Heiratsstrafe (Ehepaarbesteuerung) verabschiedet. Weil gewisse verheiratete Ehepaare mehr als zehn Prozent höhere Steuern als vergleichbare Konkubinatspaare zahlen müssen, liegt gemäss Bundesgericht eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Der Bundesrat möchte mit der Abschaffung dieser Heiratsstrafe eine jahrelange Kontroverse beenden und die Mehrbelastung der betroffenen Ehepaare aufheben. Das neue Besteuerungsmodell würde zu Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von 1,15 Milliarden Franken führen. Weil sich die Ausgangslage nach der Publikation der Botschaft aufgrund eines Rechnungsfehlers über das Ausmass der steuerlichen Heiratsstrafe verändert hat, ist die Beratung der Vorlage sistiert, bis neue Informationen über das Ausmass der Heiratsstrafe vorliegen.