Export

Schweizer Exportindustrie auf Erholungskurs

economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch hat heute die aktuelle Prognose für das Schweizer Wirtschaftswachstum präsentiert. Und sie fällt positiv aus: Die Industrie ist auf Erholungskurs. Dank Wachstumsimpulsen aus dem Ausland legen die Exporte zu. Nachdem in den zwei Jahren seit dem «Frankenschock» etliche Stellen abgebaut wurden, steigt die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe allmählich wieder an. In der Finanzbranche geht die Wertschöpfungssteigerung mit einer Reduktion der Beschäftigung einher. Im Binnensektor legt das Gesundheitswesen weiter zu. Der Wirtschaftsdachverband prognostiziert ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,7 Prozent im laufenden Jahr und ein Plus von 2,0 Prozent für 2018.

Die Aussichten für die Schweizer Exportwirtschaft haben sich aufgehellt. Dank der Erholung der Weltkonjunktur steigt die Nachfrage nach Schweizer Produkten und Dienstleistungen. Für die Schweiz besonders relevant ist die wirtschaftliche Erholung in Europa. Etwas im Schatten des Booms in Deutschland wachsen die meisten EU-Staaten – auch wirtschaftliche Sorgenländer wie Frankreich, Portugal und Spanien – ansehnlich. Der grösste Wermutstropfen ist die nach wie vor schwache Entwicklung in Italien, wo der Bankensektor weiterhin unter einer grossen Last fauler Kredite ächzt. Die Erholung in Europa und der Ausgang der Wahlen in Frankreich haben dazu beigetragen, dass der Druck auf den Franken etwas nachgelassen hat. Die Unternehmen haben zudem die letzten zwei Jahre genutzt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Bei einer positiven Wirtschaftsentwicklung im Ausland fällt auch der preisliche Wettbewerbsnachteil der Schweiz weniger ins Gewicht. Dies, obwohl der Franken nach wie vor deutlich überbewertet ist.

Die Unternehmen des Exportsektors schaffen erfreulicherweise auch wieder neue Stellen – eine Tendenz, die sich bis ins nächste Jahr verstärken wird. Allerdings ist die Beschäftigungsentwicklung je nach Branche unterschiedlich. Während in der Uhren- und Textilindustrie sowie in der Hotellerie auch im nächsten Jahr noch kein Beschäftigungswachstum auszumachen ist, schaffen die grössten Warenexportbranchen – die chemisch-pharmazeutische Industrie und etwas verzögert auch die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie – 2018 aller Voraussicht nach neue Stellen. In der Bankenindustrie und bei den Versicherungen dominieren hingegen strukturelle Anpassungen, sodass die Beschäftigung hier tendenziell sinkt.

Stabile Binnenwirtschaft, Wachstumsimpulse aus der Exportwirtschaft

Strukturelle Anpassungen sind auch in der Binnenwirtschaft zu beobachten. Im Handel, in der Telekommunikationsindustrie, im Detailhandel, in der Druckindustrie oder im Bauhauptgewerbe sinkt die Beschäftigung. Wertschöpfungsmässig stabilisiert sich der Bau insgesamt auf hohem Niveau. Die Reduktion der Zuwanderung und die steigenden Leerstandsziffern machen sich hier bemerkbar. Obwohl die strukturellen Anpassungen kontinuierlich weitergehen, sorgen zahlreiche positive Tupfer im Gesamtbild für eine stabile Entwicklung der Binnenwirtschaft. So wird das Gesundheitswesen weiter kräftig zulegen. Die Beratungsdienstleistungen und erfreulicherweise auch die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen steigen wieder an. Die stabile Entwicklung äussert sich in einem verhalten wachsenden Konsum der privaten Haushalte, der dieses und nächstes Jahr jeweils rund ein Prozent zulegen wird. Rückläufige Zuwanderung, einige schwächelnde Binnenbranchen, Einkäufe im Ausland und schwächere Impulse der öffentlichen Hand dämpfen eine dynamischere Entwicklung. Wirkliche Wachstumsimpulse gehen von der Exportwirtschaft aus. Diese ist hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Ausrüstungsinvestitionen zulegen. Insgesamt steigt das BIP in diesem Jahr um geschätzte 1,7 Prozent, während 2018 ein Wachstum von zwei Prozent möglich sein sollte. Die positiven Aussichten führen auch dazu, dass die zähe Arbeitslosenquote in der Schweiz bis ins nächste Jahr allmählich auf drei Prozent im Jahresdurchschnitt sinkt.

Das monetäre Umfeld bleibt locker. economiesuisse geht davon aus, dass die EZB ihre expansive Geldpolitik bis ins nächste Jahr fortführt und entsprechend auch die SNB noch keine Zinswende einläuten kann. Obwohl die Zinsen weiterhin im negativen Bereich verbleiben, ist trotz besserer Wirtschaftsaussichten nicht mit einem inflationären Schub zu rechnen. Dafür ist die Unterauslastung der Schweizer Wirtschaft noch zu gross. Die Teuerung wird bis 2018 bei lediglich etwa einem halben Prozentpunkt verharren.

Abwärtsrisiken aus dem In- und Ausland

Die positive Einschätzung der konjunkturellen Lage der Schweiz hängt wesentlich mit der Erholung der Weltwirtschaft zusammen. Offensichtlich würden ein Wiederaufflammen der Eurokrise oder eine Wachstumsverlangsamung in den USA den Treiber des schweizerischen Wirtschaftswachstums, die Exportindustrie, belasten. Wachstumsraten in der Grössenordnung von zwei Prozent wären in diesem Fall nicht zu erreichen. Auch die steigende Verschuldung des Unternehmenssektors vor allem in China könnte sich als wirtschaftlicher Bumerang erweisen. Ein wesentliches Abwärtsrisiko ist aber hausgemacht: Die in den letzten Jahren stark gestiegenen Immobilienpreise weisen einen blasenähnlichen Charakter auf. Steigende Leerstandsziffern deuten nun auf eine Trendwende hin. Wenn die Zinsen steigen, allerdings in Europa und damit in der Schweiz wohl erst gegen Ende 2018, ist ein abruptes Absinken der Preise nicht auszuschliessen.

 

Prognosen Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung                                                                       

Veränderung gegenüber Vorjahr (%)          

   

2014

2015

2016

2017 P

2018 P

Bruttoinlandprodukt, real

2.0

0.8

1.3

1.7

2.0

Privater Konsum

1.2

1.1

1.2

1.0

1.1

Öffentlicher Konsum

1.5

2.2

1.9

2.1

1.7

Bauinvestitionen

3.2

2.2

0.0

0.5

0.2

Ausrüstungsinvestitionen

2.6

1.3

4.1

2.5

2.8

         

 

 

Exporte (Total)1

5.2

2.2

4.5

4.2

4.5

Importe (Total)1

3.2

3.0

2.1

4.0

3.5

             

1 Ohne nicht monetäres Gold und Wertsachen

             

 

Prognosen Preise und Arbeitsmarkt

     

Inflationsrate

0.0

-1.1

-0.4

0.5

0.4

Arbeitslosenquote

3.0

3.2

3.3

3.2

3.0

 

 

Exogene Annahmen*

   

 

   

2017

2018

 

Wechselkurs CHF/Euro

1.09

1.09

 

Wechselkurs CHF/$

1.00

1.00

 

Ölpreis in $

 

50

50

 

Wachstumsrate U.S.

2.4

2.6

 

Wachstumsrate Eurozone

1.7

1.8

 

Wachstumsrate China

6.3

6.0

 

Kurzfristige Zinsen

-0.8

-0.8

 

Rendite Bundesobligationen

-0.2

0.2

 

 

Rückfragen:

Rudolf Minsch, Chefökonom
Telefon: 044 421 35 35

E-Mail: [email protected]