Brexit: Werden die Buchmacher Recht bekommen?

Ein Austritt aus der EU könnte Grossbritannien in eine Rezession schlittern lassen. Als fünftgrösster Absatzmarkt für Schweizer Exporte wären hiesige Unternehmen ebenfalls betroffen. Und der Franken. Geschweige denn die Politik. Vielleicht kommt aber auch alles anders.

Mit der Brexit-Abstimmung steht für Grossbritannien viel auf dem Spiel. Ein Ausstieg der Insel aus der EU würde bis 2020 einen BIP-Rückgang von bis zu 5,5 Prozent und einen Verlust von 900’000 Arbeitsplätzen verursachen – so eine PwC-Studie.

Der Ausgang der Abstimmung ist offen, wenn man den Umfragen Glauben schenkt. Gemäss diesen zeichnete sich wochenlang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem «Leave»- und dem «Remain»-Lager ab. Seit ein paar Tagen liegen nun die austrittswilligen Brexiteers in Führung – zum Teil recht deutlich.

Auch für die EU geht es um viel. Nicht nur macht Grossbritannien 15 Prozent der EU-Wirtschaft aus und ist Mitglied der G7 und des UNO-Sicherheitsrats.

Die Insel ist der drittwichtigste Standort im Ausland für Schweizer Firmen

Wie würde sich ein EU-Austritt der Briten auf unsere Wirtschaft auswirken? Was jetzt schon klar ist: eine Phase von Unsicherheit und Volatilität würde ganz Europa in den nächsten Monaten beschäftigen – so auch die Schweiz. Grossbritannien ist der fünftgrösste Absatzmarkt für Schweizer Exporte – gerade auch für zahlreiche KMU ist es ein wichtiger Markt. Bei den Direktinvestitionen sind die Zahlen gar noch eindrücklicher. Schweizer Firmen fühlen sich wohl auf der Insel – sie ist der drittwichtigste Standort im Ausland mit fast 200’000 Beschäftigten. Bei einer Rezession in Grossbritannien – Studien rechnen bei einem Brexit ja damit – wären daher auch Schweizer Unternehmen negativ betroffen. 

 

 

Gibt es weitere Effekte? Klar. Kurzfristig dürfte an den Devisenmärkten mit Ausschlägen zu rechnen sein – das Risiko einer Aufwertung des Frankens besteht. Und für uns ganz wichtig: Auch unsere Europapolitik wäre betroffen. Denn kommt es zu einem Brexit, dann ist die EU vollständig mit Austrittsverhandlungen mit Grossbritannien beschäftigt. Die Schweiz muss warten. Die dringenden Fragen zur Masseneinwanderungsinitiative, zum Forschungsprogramm Horizon 2020 oder zu weiteren Abkommen wie Strom oder Finanzdienstleistungen würden hintangestellt.

Zudem ist gut möglich, dass Lösungen mit Grossbritannien dann auch gleich als Schema für die EWR-Mitglieder und die Schweiz dienen würden. Faktisch würde der bilaterale Weg der Schweiz durch Lösungen mit Grossbritannien jeweils überlagert werden. 

Vielleicht kommt auch alles anders. Die Quoten der Buchmacher in den Wettbüros schwanken zwischen 55 und 73 Prozent zugunsten eines Verbleibs der Insel in der EU. Und während bei Umfragen nicht viel passiert, wenn diese völlig danebenliegen, geht es bei den Wetten um viel Geld in Grossbritannien.