Geldpolitik in Zeiten der Cholera

Die grossen Zentralbanken fluten die Märkte. Geld ist viel zu billig, Marktverzerrungen sind offensichtlich. Die ultra-expansive Geldpolitik macht – wie so viele andere internationale Entwicklungen – nicht vor den Grenzen der Schweiz halt. Die Schweizerische Nationalbank wird gezwungen, Massnahmen zu ergreifen, die in normalen Zeiten tabu wären: Einführung und Aufgabe der Wechselkursuntergrenze, Negativzinsen, Fremdwährungskäufe in riesiger Höhe. Da kommen Pest und Cholera zusammen.

Doch zum Glück ist die Nationalbank überhaupt handlungsfähig – auch dank ihrer weitgehenden Unabhängigkeit von der Politik. Diese Unabhängigkeit ist jedoch fragil. Sie ist zwar im Nationalbankgesetz festgehalten. Doch Gesetze lassen sich ändern. Und der Druck auf die politische Einflussnahme steigt derzeit. Manche Stimmen fordern Ausnahmen von den Negativzinsen, andere eine neue Wechselkursuntergrenze oder ein Köpferollen im Präsidium.

Doch die Unabhängigkeit der Nationalbank ist kein Selbstzweck. Ihre Glaubwürdigkeit im Durchsetzen von Massnahmen im Markt ist aktuell noch viel wichtiger als in vergangenen Schönwetterperioden. Jede politische Einflussnahme würde diese Glaubwürdigkeit unterhöhlen. Auch wenn die Versuchung aufgrund der problematischen Frankenstärke gross ist: Die Unabhängigkeit der Nationalbank ist gerade in Zeiten der Cholera zentral!