Statusgesellschaften: Worum geht es?

1. Beitrag der Reihe zur Unternehmenssteuerreform

Der Steuerstreit mit der EU, die Drohgebärden und Ultimaten machen Schlagzeilen. Im Fokus stehen dabei die Statusgesellschaften. Aber wer sind diese Gesellschaften und was machen sie? Welche Unternehmen und Arbeitsplätze sind konkret durch die aktuelle Diskussion betroffen?
Auf das Ausland gerichtete Unternehmensaktivitäten, beispielsweise die weltweite Vergabe von Markenrechten oder die Organisation internationaler Handelstätigkeiten, werden in der Schweiz gesondert besteuert. Das gilt insbesondere in den Kantonen. Voraussetzung ist allerdings, dass die entsprechende Gesellschaft ihren Umsatz grösstenteils im Ausland erzielt. Die auf das Ausland gerichteten Aktivitäten belasten die schweizerische Infrastruktur kaum. Deshalb – so die Idee – sollten die darauf entfallenden Gewinne auch nicht voll in der Schweiz versteuert werden müssen. Diese Art der gesonderten Besteuerung von ausländischen Gewinnen geht historisch weit zurück. Seit 1993 jedoch sind die kantonalen Sonderregeln für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften im Steuerharmonisierungsgesetz festgelegt (siehe Kasten am Ende des Artikels).

Von den kantonalen Steuerstatus profitieren Schweizer und ausländische Unternehmen, die international tätig sind, gewisse Konzernaktivitäten aber zentral in der Schweiz bündeln. Solche Unternehmen verfügen über eine beträchtliche wirtschaftliche Substanz am Standort Schweiz. Zu den sogenannten «mobilen» Konzernaktivitäten gehören der internationale Grosshandel, die Konzernfinanzierung, die Verwertung von Lizenzen, die Verwaltung von Beteiligungen sowie das Headquarter; also zentrale Dienstleistungs- und Kontrollaktivitäten innerhalb eines Konzerns. Dank der steuerlichen Sonderregeln sowie anderen Standortvorteilen (gute Infrastruktur, qualifizierte Arbeitskräfte, liberales Gesellschafts- und Arbeitsrecht, Rechtssicherheit) ist die Schweiz für solche mobilen Firmenaktivitäten äusserst attraktiv. Viele ausländische Unternehmen unterhalten deshalb regionale Headquarters mit teilweise Tausenden von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Oft steuern sie von hier aus die Geschäftsaktivitäten in Regionen wie Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (siehe Liste von Beispielunternehmen im Kasten). Zudem steuern und verwalten auch viele weltweit tätige Schweizer Konzerne, etwa der Pharma-, Chemie- oder Maschinenindustrie, ihre internationalen Aktivitäten aus der Schweiz heraus. 

Beispiele für globale oder regionale Headquarters in der Schweiz

Genferseeregion: Accor, Adecco, Caterpillar, Chiquita, Colgate, Eastman Kodak, Gillette, Hewlett Packard, Liebherr, Nissan, Oracle, Philip Morris, Polo Ralph Lauren, Procter & Gamble, Richemont, Tetrapak, ups und Vale «Greater Zurich Area»:  bhp billiton, Bombardier, Burger King, C&A, Cadburry Schweppes, Cisco Systems, Dow, Ecolab, GM, Google, Hitachi, Japan Tobacco, John Deere, Kraft Foods, Kühne & Nagel, Nobel Biocare, Sony

Weitere: ebay, Orascom

Quellen: Swissholdings (2009). Headquarter-Standort Schweiz; Arthur D. Little (2009). Headquarter Database.

Gemäss Bundesrat existierten 2003 über 20'000 Statusgesellschaften, die direkt mindestens 150'000 Arbeitnehmer beschäftigten. Heute dürften diese Zahlen höher liegen. Indirekt profitieren zudem viele KMU von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich Infrastruktur, Finanzdienstleistungen, Beratung und Forschung. Das Institut CREA hat für den Kanton Genf einen Multiplikatoreffekt von 2,6 berechnet. Direkt und indirekt wären damit gesamtschweizerisch rund 400'000 Arbeitsstellen betroffen.

International tätige Unternehmen überprüfen regelmässig, wo sie für gewisse Aktivitäten die optimalen Rahmenbedingungen vorfinden. Die internationale Kritik am Schweizer Steuersystem führt zu Verunsicherungen und Risiken. Seit 2009 ist denn auch der Zuzug ausländischer Unternehmen zurückgegangen. Wird die Unsicherheit bezüglich gewisser Steuermodelle nicht bald beseitigt, werden internationale Unternehmen vermehrt mobile Funktionen an alternativen Standorten ansiedeln. Zuzüge wird es kaum noch geben. Um die Headquarter- und Konzernaktivitäten und damit einen bedeutenden Wirtschaftszweig der Schweiz langfristig mindestens zu sichern oder gar noch weiterzuentwickeln, müssen die internationale Akzeptanz und die Attraktivität des Steuersystems rasch und wirksam gesichert werden. Nicht nur für die betroffenen Unternehmen, sondern für die gesamte Volkswirtschaft steht viel auf dem Spiel.

Statusgesellschaften gemäss Steuerharmonisierungsgesetz Anspruchsvolle, aber nötige Reform der Unternehmensbesteuerung