Geld schwimmt in Wasser

Administrative Entlastung konkret: Revision des Quellensteuergesetzes

Dass auch Kleinvieh Mist macht, gilt in wenigen Bereichen so stark wie bei der administrativen Belastung von Unternehmen. Die bekannten Bürokratiebrocken wie die Mehrwertsteuer und die Sozialversicherungen betreffen alle Firmen mit Hunderten Millionen Franken an Aufwand. Daneben gibt es unzählige Regeln und Pflichten, die weniger bekannt sind, aber ebenfalls hohe Kosten verursachen. Ein aktuelles Beispiel ist die Quellensteuer.

Die Quellensteuer gilt für Arbeitnehmende, die weniger als fünf Jahre in der Schweiz arbeiten. Sie ist der Ersatz für die ordentliche Einkommenssteuer. Betroffen sind rund 850'000 Personen. Wie bei anderen Quellensteuern (z.B. Verrechnungssteuer) steht der Sicherungszweck im Vordergrund. Durch Abzug an der Quelle (hier beim Lohn) wird die Steuerentrichtung sichergestellt. Von der Methode her funktioniert die Quellensteuer pauschal. Abzüge sind im anwendbaren Tarif eingeschlossen. Wie die Einkommenssteuer kennt die Quellensteuer unterschiedliche Tarife und Hunderte von verschiedenen, einkommensabhängigen Steuersätzen. Während der Bund den gesetzlichen Rahmen vorgibt, haben die Kantone in der Anwendung der Quellensteuer viele Freiheiten. Nicht nur die eigentlichen Steuersätze, sondern auch die Art und Weise der Tarifberechnung, die Verfahren und die Formulare gestalten die Kantone weitgehend selbst. Die Folge sind 26 verschiedene Systeme. Zudem bestehen für spezielle Einkommensarten (z.B. Vorsorgeleistungen, Mitarbeiterbeteiligungen), Personengruppen (Referenten, Verwaltungsräte, Werkstudenten) und Grenzgänger aus Deutschland, Frankreich und Italien je eigene, spezielle Abrechnungen. Dem komplexen und verästelten System ist vor allem eines gemeinsam: Die Unternehmen bzw. Arbeitgeber stehen für alles in der Pflicht. Sie berechnen die Steuer und ziehen sie vom Lohn ab; sie füllen die einschlägigen Formulare aus und überweisen die Steuer an den Staat; sie müssen die in der Berechnung häufig intransparenten Tarife kennen und fähig sein, den Mitarbeitenden gegenüber Auskunft zu geben, denn viele Mitarbeitende müssen (oder wollen) nachträglich noch eine ordentliche Steuererklärung nachreichen. Für den Aufwand erhalten die Unternehmen eine Provision. Dafür stellen sie dem Staat nicht nur die volle Infrastruktur sowie das Personal für den Bezug seiner Steuer zur Verfügung, sondern tragen auch das volle Haftungsrisiko.

Mehr Aufwand, Kosten und Risiken drohen
Die gesetzlichen Grundlagen der Quellensteuer (Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer und das Steuerharmonisierungsgesetz) werden gegenwärtig revidiert. Vereinfachungen und Entlastungen sind dabei nicht das Ziel. Tatsächlich läuft die Revision teilweise auf das Gegenteil hinaus. Musste ein Unternehmen bis heute beispielsweise nur mit einem Kanton zentral abrechnen, soll neu die Abrechnung mit jedem Kanton, in dem ein quellensteuerpflichtiger Mitarbeiter wohnt, erforderlich sein. Ein neues elektronisches Verfahren soll Vereinfachungen bringen. Effektiv hat es die geplante Umstellung auf Direktabrechnungen noch befördert und dadurch den Aufwand für die Unternehmen und die entsprechenden Risiken erhöht. Angesichts der kantonal unterschiedlichen Regeln und Verfahren, und weil das Tarifsystem detailliert ist, sind Fehler unvermeidbar. Konnten bis heute nachträgliche Korrekturen leicht angebracht werden (etwa wenn die Anzahl Kinder falsch angegeben wurde), soll dies künftig nicht mehr möglich sein. Auch soll die Haftung verschärft werden. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sollen künftig persönlich für Abrechnungsfehler haftbar sein, was angesichts der Komplexität und Bedeutung der Steuer völlig unverhältnismässig ist. Während die Revision sonst kaum Vereinheitlichungen plant – jeder Kanton soll weiterhin eigene Berechnungen und Verfahren anwenden können – wird eine einheitliche Lösung ausgerechnet bei der Provision der Unternehmen angestrebt. Liegt diese heute zwischen einem und vier Prozent, soll sie neu durchgängig ein Prozent betragen – und damit in vielen Fällen sinken.

Entlastungen durchführen, wo sie möglich sind
Statt weniger also mehr Aufwand, höhere statt tiefere Kosten, grössere statt niedrigere Risiken. In der parlamentarischen Beratung der Gesetzesrevision sollte die Gelegenheit genutzt werden, eine solche Entwicklung zu vermeiden und Vereinfachungen und Entlastungen einzuführen. Die Quellensteuer ist ein Beispiel dafür, wie administrative Auflagen den Unternehmen täglich zusätzliche Kosten aufbürden. Weil jemand dafür aufkommen muss – der Unternehmer, die Arbeitnehmenden, Zulieferer, der Staat (über tiefere Steuern) oder die Volkswirtschaft insgesamt –, sollten Entlastungen vorgenommen werden, wo sie möglich sind. Der mit der Frankenstärke gestiegene Kostendruck hat den Bürokratieabbau noch notwendiger gemacht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, setzt dieser im Kleinen an. Denn auch Kleinvieh macht Mist. Und weniger Mist von allem Kleinvieh zusammengenommen, macht plötzlich viel weniger Mist.