Staatsfinanzen: Sorgenkinder Bund und Sozialversicherungen

​Die Eidgenössische Finanzverwaltung hat heute einen aufdatierten Gesamtüberblick über die finanzielle Lage der öffentlichen Haushalte der Schweiz in den Jahren 2008 bis 2014 veröffentlicht. Die Zahlen zeigen, dass einzig der Bund in den nächsten Jahren rote Zahlen schreiben wird. Allerdings geben auch die Sozialversicherungen Anlass zur Sorge.

​Die neuen Zahlen der Finanzverwaltung sind illustrativ. Sie zeigen, dass von allen Staatsebenen der Bund die aktuell grössten Sorgen bereitet. Die Rechnungsabschlüsse des Bundes sind gemäss Planung ab 2011 negativ und werden es für die nächsten Jahre auch bleiben. So ist für 2013 ein negativer Saldo von über 1 Milliarde Franken geplant. Die Fehlbeträge werden teilweise schuldenbremskonform und damit im Rahmen des Gesetzes sein. Tatsache ist, dass der Bund von allen Staatsebenen als einziger rote Zahlen schreiben wird. Für die Gemeinden und mehr noch für die Kantone sind teilweise erhebliche Überschüsse bis 5 Milliarden Franken geplant. Auch der Saldo der Sozialversicherungen ist positiv. Dies allerdings nur, weil Steuererhöhungen Zusatzeinnahmen verschaffen. Ohne die MWST-Zusatzfinanzierung für die IV und die Beitragserhöhungen für die ALV und die EO – total rund 2, 5 Milliarden Franken – wären auch die Sozialversicherungen per Saldo im roten Bereich. 

Expansive Staatstätigkeit – hohe Zwangsabgaben
Bei der Staatsquote fällt auf, dass der Bund weiter wächst. Betrug der Anteil des Bundes am Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2008 10,5 Prozent, wird es ab 2012 ein Anteil von über elf Prozent sein. Noch stärker wachsen die Kantone: Ihr Anteil am BIP steigt von 13,1 Prozent auf über 14 Prozent. Insgesamt weitet sich der Staat um deutlich mehr als 1 BIP-Prozent von 32,3 (2008) auf 33,6 Prozent (2014) aus.

Die „offizielle“ Fiskalquote bleibt im Bereich von knapp unter 30 Prozent. Allerdings zeigt diese offizielle Quote, wie economiesuisse in einem aktuellen dossierpolitik darstellt, nur die halbe Wahrheit: Alle Zwangsabgaben zusammengenommen, auch solche an privatrechtliche Organisationen wie die Pensionskassen und die Krankenversicherungen, liegt die Fiskalquote in der Schweiz bei über 40 Prozent.

Stabile Verschuldung
Positiv ist die Entwicklung der Verschuldung: Bei ungefähr gleich bleibenden Schuldenständen reduziert sich aufgrund des Wirtschaftswachstums die Schuldenquote auf allen Staatsebenen. Betrug die Schuldenquote (gemäss Maastricht-Kriterien) in der Schweiz 2008 noch 41 Prozent, wird sie 2014 unter 34 Prozent liegen. Die im internationalen Vergleich tiefe Verschuldung widerspiegelt die insgesamt massvolle Schweizer Finanzpolitik, die auf den vier Säulen Schuldenbremse (Bund und Kantone), Finanzreferendum in den Kantonen, Steuerwettbewerb und, als Regulativ, einem effizienten Finanzausgleich basiert.

Nachholbedarf bei den Sozialversicherungen
Auch bei den Sozialversicherungen sinkt die Schuldenquote nach einem Höchststand von 2010 wieder. Dass diese Entwicklung nur dank der genannten Finanzspritzen möglich ist, zeigt, dass in diesem Bereich die strukturellen Grundlagen noch nicht so sind, dass eine ausgeglichene Finanzentwicklung sichergestellt werden kann. Die Idee einer griffigen Schuldenbremse für die Sozialversicherungen gewinnt aus solchen Perspektiven Nahrung. Was die Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte im engeren Sinn bewerkstelligte – Stabilität und die Aussicht auf eine nachhaltige Entwicklung –, sollte auch für die von ihrem Volumen und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nicht minder wichtigen Sozialversicherungen möglich sein.