# 09 / 2019
25.03.2019

Die Schweiz ohne Industriezölle: alle profitieren

Schwächt die Schweiz ihre Position in FHA-Verhandlungen?

Gibt die Schweiz vorschnell und ohne Not Verhandlungsmasse ab, wenn sie sich autonom entscheidet, ihre Zölle auf Industrieimporte aufzuheben? Insbesondere folgende Aspekte sind diesbezüglich zu berücksichtigen:

  • Die Industriezölle haben in den Verhandlungen über Freihandelsabkommen, die die Schweiz führt, an Bedeutung verloren. Da die Industrie keine Zölle mehr wünscht und die Schweiz netto von ihnen nicht profitieren kann, bietet die Schweiz ihren Verhandlungspartnern stets von Beginn weg den Nullzollansatz an. Viel wichtiger als die Industriezölle sind heute die Diskussionen um die Bereiche Agrarzölle, Schutz des Geistigen Eigentums, Dienstleistungen, öffentliches Beschaffungswesen und nichttarifäre Handelshemmnisse geworden. Ausserdem bezahlen Entwicklungsländer, mit denen die Schweiz jüngst Freihandelsabkommen abgeschlossen hat oder mit denen sie um einen Abschluss bemüht ist – beispielsweise Indonesien, Malaysia, Argentinien, Brasilien und Indien – bereits heute keine Zölle auf Industriegüter (mit Ausnahme der meisten Textilien).

Der Vorteil von Freihandelsabkommen im Bereich Industriezölle liegt eher darin, dass die Zölle nicht auf den MFN-Zollsatz der WTO angehoben werden können, wenn sie einmal ratifiziert sind. Freihandelsabkommen bieten diesbezüglich also einen Schutz vor einer politisch willkürlichen Anhebung der Zölle. Hinter der Zollreduktion steht oft auch die Absicht, durch verbesserten Marktzugang Schweizer Investitionen anzulocken.

  • Bis zum Jahr 2018 haben Zölle auch weltweit als Handelsschutzmassnahme an Bedeutung verloren. Andere Hindernisse wie bedingte Handelsschutzmassnahmen (Antidumping-, Ausgleichs- und Schutzmassnahmen), Subventionen und Exportmassnahmen sind dahingegen viel öfter erlassen worden (siehe Grafik 6).
  • Zu guter Letzt profitieren auch die Freihandelspartner der Schweiz (und die Entwicklungsländer gemäss APS) von der Schweizer Industriezollaufhebung. Sie dürften den Nullzoll bei allfälligen Modernisierungen der bestehenden Abkommen kaum als Argument gegen die Schweiz verwenden. Ihre eigenen Exportunternehmen werden, da sie weniger Ursprungsnachweise ausstellen müssen, schätzungsweise um 150 Millionen Franken an administrativem Aufwand entlastet.

Regine Sauter

 

Dass die unilaterale Zollreduktion Freihandelsgespräche nicht wesentlich beeinträchtigt, zu diesem Schluss kommt auch eine Untersuchung mit Fallstudien zu Kanada, Neuseeland und Norwegen. Schliesslich aber ist die unilaterale Zollaufhebung schlicht der effizienteste Weg, den Handel zu erleichtern und effizienter zu gestalten. Der bilaterale Ansatz ist stets mit zusätzlichen administrativen Kosten verbunden.

Grafik 6

Subventionen, bedingte Schutzmassnahmen und Massnahmen für den Export sind beliebtere Instrumente zum Schutz der eigenen Industrie als die Erhöhung von Importzöllen (2017). Knapp die Hälfte der handelsliberalisierenden Massnahmen betraf die Reduktion der Importzölle.