# 1 / 2023
20.01.2023

So bleibt die Schweiz erfolgreich – die sieben Säulen der Innovationsfähigkeit

Säule 4: Prioritäre Finanzierung von Forschung und Entwicklung

Staatliche Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung sind für die Innovationsfähigkeit von zentraler Bedeutung. Viele Länder haben in den letzten Jahren punkto strategischer Ausrichtung auf Innovation ihren Einsatz für Forschung und Entwicklung verstärkt. Die Europäische Union, China sowie auch viele Schwellenländer haben Programme ins Leben gerufen, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit ihrer Länder zu erhöhen. Grosse Beträge werden in Forschungsprogramme investiert und vieles wird unternommen, um Top-Forschende aus aller Welt anzuziehen. Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Statistiken. Sie geben zur Befürchtung Anlass, dass die starke Stellung der Schweiz bezüglich Innovation und Forschung langfristig zu erodieren droht.

 

Grafik 2:

Quelle : ECD – MSTI-Datenbank, Abteilung STI / EAS, Paris, März 2022; BFS - Forschung und Entwicklung (F+E) Synthese Schweiz (FE Schweiz)

Mit einem F&E-Anteil am (Bruttoinlandprodukt) BIP von 3,1 Prozent steht die Schweiz insgesamt gut da. Sie liegt im internationalen Vergleich auf dem neunten Rang und klar über dem OECD-Schnitt von 2,5 Prozent. Die Liste wird angeführt von Israel, gefolgt von Südkorea und Taiwan. Trotz der guten Ausgangslage wird in Grafik 2 ersichtlich, dass das Wachstum dieser Ausgaben zuletzt im Vergleich niedrig geblieben ist. Von 2015 bis 2019 ist der Anteil der F&E-Aufwendungen am BIP in der Schweiz um 3,4 Prozent gewachsen. Das ist im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Im selben Zeitraum haben OECD-Staaten den Anteil um 8 Prozent erhöht. Dabei haben nicht nur jene Länder ihre Ausgaben erhöht, die in absoluten Zahlen deutlich weniger ausgeben als die Schweiz und am Aufholen sind. Länder wie Israel, Südkorea, Schweden, Belgien oder die USA haben ihre Ausgaben im Verglich zu ihrem BIP deutlich stärker erhöht als die Schweiz. Das sind alles Länder, die schon 2015 einen höheren F&E-Anteil am BIP aufwiesen als die Schweiz.

Und selbst Schweizer Unternehmen investieren vermehrt ausserhalb des Landes und nutzen die zunehmende Attraktivität ausländischer Standorte. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, die Schweizer Firmen im Inland (intramuros) getätigt haben, sind von 2012 bis 2019 zwar um 20 Prozent gestiegen. Doch die im Ausland getätigten Investitionen (extramuros) haben sich im gleichen Zeitraum fast verdreifacht.

Es ist dringend angezeigt, hier Gegensteuer zu geben. Der Staat muss die Ausgaben für Bildung und Forschung gegenüber anderen Ausgaben priorisieren. Damit soll aber nicht eine grundsätzliche Gewichtsverschiebung von der Privatwirtschaft zum Staat einhergehen. Im Gegenteil: Es gehört zu den grossen Stärken der Schweiz im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften, dass der grösste Anteil von Investitionen in Forschung und Entwicklung von privater Seite kommt. Der staatliche Beitrag (insbesondere in der Grundlagenforschung) bildet die Basis, auf der die Privatwirtschaft aufbauen kann. Aufgrund der langen Inkubationszeit zwischen staatlichen Ausgaben in Bildung und Forschung und dem Schaffen von Innovation ist eine «Politik des langen Atems» notwendig. Da Forschung immer ergebnisoffen ist, besteht allerdings nie eine Garantie, dass aus staatlichen Ausgaben irgendwann erfolgreiche Innovationen entstehen. Höhere staatliche Ausgaben in Bildung und Forschung erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Privatwirtschaft ihre hohen Innovationsleistungen auch in Zukunft erbringen kann.

Wichtig ist neben einer prioritären Behandlung der F&E-Ausgaben, dass die Geldgeber so wenige Forderungen wie möglich bezüglich der inhaltlichen Ausgestaltung von Forschungsfragen stellen. Denn grundsätzlich muss in der Forschung und Entwicklung das Bottom-up-Prinzip gelten. Bisher hat die Schweiz insbesondere den Hochschulen viel Autonomie zugestanden, was sich in guten Forschungs- und Innovationsleistungen niederschlug. Dies gilt es unbedingt beizubehalten.

Takeaway 4: Um die Innovationsfähigkeit zu erhöhen, sind staatliche Ausgaben in Bildung, Forschung und Entwicklung zu priorisieren. Da sie erst mit Verzögerung in Innovationen münden, braucht es hier eine langfristig ausgerichtete Politik.