# 5 / 2016
10.06.2016

Naturwissenschaft und Technik: für die Schweiz ein Muss

Beispiele erfolgreicher MINT-Förderung

In der Schweiz gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Initiativen, die das Ziel verfolgen, die MINT-Ausbildungen populärer zu machen (hier finden Sie eine Übersicht). Mehrere Kantone haben sich die MINT-Förderung mittlerweile auf ihre Fahnen geschrieben,  und auch die Fachhochschulen und Universitäten ziehen mit. Der Bund unterstützt diese Bestrebungen seit 2014 via Akademien der Wissenschaften Schweiz (vor allem SATW und SCNAT) mit dem Förderprogramm «MINT Schweiz», welches diverse Projekte fördert und Netzwerkanlässe organisiert. Science et Cité, eine mit den Akademien verbundene Stiftung, bietet unter anderem Wissenschaftsferien, Schülerforen und -labore sowie Ausstellungen an. Die ETH unterstützt mit ihrem Ausbildungs- und Beratungszentrum für Informatikunterricht oder dem MINT-Zentrum das schulische Lernangebot mit eigenen Initiativen. Aber vor allem auch seitens der Wirtschaft wurden diverse Programme angestossen und unterstützt. Nachfolgend werden einige erfolgreiche MINT-Projekte kurz vorgestellt.

RobOlympics

Seit mittlerweile 14 Jahren finden an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) dieRobOlympics statt: Ein Wochenende, an welchem sich Lernende der Sekundarstufen I und II aus der Schweiz und Deutschland spielerisch mit Robotern auseinandersetzen und Wettkämpfe austragen können. Aus einheitlichen Lego-Bausätzen werden durch die Teams Roboter gebaut und eigenhändig programmiert, um anschliessend in verschiedenen Kategorien die gestellten Aufgaben je nachdem schnell oder effizient zu bewältigen. Für die unterschiedlichen Disziplinen muss der Roboter immer wieder umprogrammiert und an neue Umgebungen angepasst werden. Im Vordergrund steht eindeutig der Spassfaktor und nicht unbedingt die Konkurrenz. Die Organisatoren legen grossen Wert darauf, dass sich die Teilnehmenden über die gewonnenen Erkenntnisse austauschen und einander mit Tipps weiterhelfen. Die HSR will mit der beliebten Veranstaltung die Freude an der Technik unter Jugendlichen fördern und dazu beitragen, den Nachwuchs an Ingenieuren sicherzustellen. Unterstützt wird der Anlass auch von «MINT Schweiz».

explore-it 

Gegründet wurde explore-it vor mehr als zehn Jahren als Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Pädagogischen Hochschule Wallis (PHVS) und der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). Die Idee: Lehrerinnen und Lehrer werden mit Materialien ausgestattet, die für Kinderhände (ab der 4. Klasse) geeignet sind und es erlauben, technische Grundprinzipien individuell zu erkunden. Die Bausätze können zu einem günstigen Preis beim Verein bestellt werden. Ausgangspunkt ist jeweils die Konstruktion eines einfachen Objekts, so zum Beispiel einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus Windkraft oder eines Flugzeugs mit unterschiedlichen Antrieben. Spezielle Bausätze bestehen für Aktionstage oder ausserschulische Schnupperprojekte. Ergänzend dazu werden in Schulen oder in Unternehmen Lehrerweiterbildungen angeboten. Das Ziel von explore-it ist die Förderung der Technikbegeisterung von 9- bis 12-Jährigen. Das Projekt wird unter anderem vom Verein «Jugend und Wirtschaft» unterstützt.

SimplyScience 

SimplyScience ist eine Stiftung, die Kindern und Jugendlichen von 8 bis 18 Jahren die faszinierende Welt der Naturwissenschaft und Technik näherbringt. Altersstufengerecht werden auf der Internetplattform witzige Geschichten, Spiele, Wettbewerbe und Experimente angeboten, die sich mit Technik und Naturphänomenen auseinandersetzen. Kinder und Jugendliche erfahren zum Beispiel, warum Eisbären nicht frieren, wie man eine E-Gitarre baut, was eine Fata Morgana ist oder wie sich die moderne Robotertechnik von der Tierwelt inspirieren lässt. Für Teenager werden zudem MINT-Berufe vorgestellt und ein Kalender gibt Auskunft über Schnuppertage und Informationsveranstaltungen. Für den praxisorientierten naturwissenschaftlichen Schulunterricht werden für Lehrpersonen verschiedene Lehrmittel angeboten. SimplyScience arbeitet eng mit Berufsverbänden und Hochschulen, aber auch mit Jugendzeitschriften und Museen zusammen. Die 2008 durch den Wirtschaftsverband scienceindustries gegründete Initiative wird auch vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement unterstützt.

tunSchweiz 

Die Stiftung tunSchweiz koordiniert die Aktivitäten der Verbände Swissmem und swissT.net sowie vieler regionaler Partner, um Kinder und Jugendliche für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Sie unterstützt ein- oder mehrmals jährlich eine grosse Werkstatt, eine sogenannte «tun» an einer Publikumsmesse in Bern, Zürich, Basel oder in der Ostschweiz. Hier können Schulklassen oder auch einzelne Kinder mit ihren Eltern spannende Erfahrungen in verschiedensten MINT-Bereichen sammeln. Das Angebot besteht jeweils aus diversen Workshops und Experimenten, die in Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungsinstituten oder von Unternehmen organisiert werden. Für Lehrpersonen und Interessierte werden ergänzend Weiterbildungen und Forumsveranstaltungen organisiert. 

NaTech Education 

Dieser Verein setzt sich für die Förderung der Naturwissenschaften und des Technikverständnisses auf der Primar- und Sekundarstufe I ein, fördert die Schaffung von entsprechenden Lehrmitteln in der Volksschule und engagiert sich, damit die Bildungsziele, die zum Verständnis von Technik und Naturwissenschaften führen, im Lehrplan verankert sind. Besonders erfolgreich sind bei NaTech Education die Techniktage für die Primarstufe, die Technikwochen an den Pädagogischen Hochschulen sowie die Wanderausstellung «Achtung Technik Los!» für Schulen der Sekundarstufe I in Kooperation mit Fachhochschulen, Technikerschulen und Lehrzentren.

IngCH: Engineers Shape our Future  

Der 1987 gegründete Verband IngCH will die Öffentlichkeit für die zentrale Bedeutung der Technik in Wirtschaft, Kultur und Politik sensibilisieren und bei Jugendlichen das Interesse an einer Ingenieursausbildung wecken. Um dies zu erreichen, werden pro Jahr rund 40 Technik- und Informatikwochen in Gymnasien in der ganzen Schweiz mit insgesamt rund 1500 teilnehmenden Schülerinnen und Schülern, «Meitli-Technik-Tage» für Sekundarschülerinnen sowie – in Kooperation mit NaTech Education – die Wanderausstellung «Achtung Technik Los!» durchgeführt. IngCH unterstützt die interaktive Sendung «The Ing Thing» des Jugend-TV-Senders Joiz und führt zudem Informationsveranstaltungen für Berufsberatende durch.

i-factory 

Das Verkehrshaus Luzern bietet in der permanenten Ausstellung «i-factory» für private Besucher und für Schulklassen eine spielerische Annäherung ans Berufsfeld der Informatik an. Grundtechniken wie Codieren, Sortieren oder Prozessplanung können mittels einfacher Experimente erforscht werden, Filmbeiträge und Computeranimationen schlagen jeweils eine Brücke zu konkreten Anwendungen in der realen Welt, insbesondere im Bereich Verkehr.

Gemeinsamkeit: Experimentieren und spielerisch lernen

Es ist sinnvoll, diese bestehenden Instrumente noch bekannter zu machen und wo möglich zu koordinieren. Alle Ansätze sind vielversprechend und bauen darauf, junge Menschen spielerisch für die MINT-Thematik zu begeistern. Dies ist eine zwingende Voraussetzung: In einigen MINT-Fächern, insbesondere aber in der Mathematik, nimmt die Freude am Unterricht erfahrungsgemäss dann drastisch ab, wenn das spielerische Experimentieren durch einzuübenden Prüfungsstoff ersetzt wird. Statt Neues zu entdecken, gibt es ein klares Richtig oder Falsch, zementiert durch die Benotung der erbrachten Leistung. Wer Mathematik nicht mehr als neugieriges Entdecken, sondern nur noch als mühsames Nachvollziehen fremder Gedankengänge erlebt, verliert rasch die Lust am Mit- und Weiterdenken. Deshalb ist es wichtig, dass der Experimentierfreude durch entsprechend offene Aufgabenstellungen und Lernformen (praktisches oder kooperatives Arbeiten anstelle von reinem Frontalunterricht) auch auf den höheren Schulstufen ausreichend Platz eingeräumt wird. Gerade im Mathematikunterricht haben die angewandten Lernformen und die Motivation offenbar eine klar höhere Bedeutung für den schulischen Erfolg als die individuelle Intelligenz, wie eine Langzeitstudie der Universität München kürzlich aufzeigen konnte.  Nicht überraschend ist es daher, dass wenn im Folgenden weitere Ansatzpunkte für eine erfolgreiche MINT-Förderung diskutiert werden, dem Mathematikunterricht auf allen Schulstufen ein besonderer Stellenwert zugemessen wird.

Vermittlung einer MINT-Denkweise

Ein zentraler Bestandteil jeder MINT-Förderung muss es sein, den Jugendlichen die diesen Fächern zugrunde liegende Denkweise zu vermitteln. Dazu gehören erstens das Erkennen und Definieren von Problemen und Fragestellungen. Es geht also darum, eine zugrunde liegende Problematik genau zu formulieren. Darauf aufbauend muss – zweitens – mittels Experimentieren und dem Anwenden von wissenschaftlichen Instrumenten und Methoden eine Lösung gesucht werden. Diese Lösung muss – drittens – überprüft und wenn nötig korrigiert werden. Zu guter Letzt ist es wichtig, dass die erarbeitete Lösung auch verständlich kommuniziert wird – und zwar so, dass ein Gegenüber von der Eignung dieser Lösung überzeugt wird.