# 05 / 2018
26.04.2018

NFA-Aufgabenteilung: Entwicklung eines Jahrhundertprojekts

Aufgabenteilung Bund-Kantone

Als die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) 1991 die erste umfassende Bilanz der Finanzausgleichsmassnahmen im schweizerischen Bundesstaat vornahm, stellte sie Folgendes fest: «Werden die Wirkungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs an Effizienzkriterien gemessen, besteht sein hauptsächliches Handicap darin, dass er auf einem historisch gewachsenen Konglomerat von insgesamt rund 70 Einzelmassnahmen basiert, die in keiner Weise aufeinander angestimmt sind. Damit haftet den Ergebnissen des Finanzausgleichs zwangsläufig eine gewisse Zufälligkeit an. Der Finanzausgleich ist nicht steuerbar und entbehrt klarer, gesetzlich verankerter Zielvorgaben.»

Diese und die weitere Feststellung, dass die finanziellen Unterschiede zwischen den Kantonen trotz stetem Ausbau des Finanzausgleichs nicht kleiner, sondern im Gegenteil laufend grösser wurden, setzten einen Prozess in Gang, der 16 Jahre später zur grössten Föderalismusreform der modernen Schweiz führte: der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen – NFA.

Die NFA gilt als Jahrhundertwerk. Die Entwicklung der NFA war lange und teilweise hürdenreich. Das dossierpolitik widerspiegelt die grosse inhaltliche Komplexität der Reform, die hochgesteckten Ziele und die teilweise weitreichenden Veränderungen, die die Reform mit sich brachte. Es kommt darin aber auch zum Ausdruck, dass das Gelingen der Reform anfänglich alles andere als sicher war und allein die Tatsache, dass die Reform gelang, Respekt verlangt. Die wissenschaftlich-technischen Problemstellungen, die gesetzgeberischen Herausforderungen, allem voran aber die politischen Hürden des Projekts waren beträchtlich. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK) bezeichnete die NFA als «föderalistischen Kraftakt» – als eines der grössten von Bund und Kantonen gemeinsam getragenen Reformprojekte überhaupt. Der Prozess ist jedoch nicht abgeschlossen. Die NFA erfordert eine stetige und dauerhafte Ausrichtung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen auf ihr ursprüngliches Ziel: die Stärkung des Föderalismus.

TEIL 1: Reformprozess

  • Als Reaktion auf die Finanzausgleichsbilanz nimmt die FDK eine Standortbestimmung vor, die in einem Orientierungsrahmen und Empfehlungen für die Weiterentwicklung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs mündete (1992).
  • Im Anschluss an eine wissenschaftliche Expertise beschloss der Bundesrat Mitte 1994, den Finanzausgleich grundlegend neu zu ordnen.
  • Eine Projektorganisation aus Vertretern von Bund und Kantonen verfasste einen Bericht mit den Grundzügen für eine Neuordnung (Grundzügebericht Februar 1996).
  • Die Projektorganisation wurde um ein politisches Steuerungsorgan aus je drei Vertretern des Bundesrats und der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) erweitert; 1999 folgte der Schlussbericht der Projektorganisation an den Bundesrat.
  • Nach einer Vernehmlassung verabschiedete der Bundesrat im November 2001 die 1. NFA-Botschaft. Diese enthielt die notwendigen Verfassungsänderungen und erforderlichen Gesetzesgrundlagen (Finanz- und Lastenausgleichsgesetz) der NFA.
  • Volk und Stände stimmten am 28. November 2004 mit einem Ja-Anteil von 64,3 Prozent der Stimmenden (20.5 Stände) den Verfassungsänderungen zu.
  • Die Ausführungsgesetzgebung (2. NFA-Botschaft) passierte im Herbst 2006 die Schlussabstimmung im Parlament.
  • Die 3. NFA-Botschaft mit der Dotierung der Ausgleichsgefässe für die erste Vierjahresperiode wurde im Sommer 2007 vom Parlament verabschiedet.
  • Die NFA trat am 1. Januar 2008 in Kraft.

TEIL 2: Übergang und Weiterentwicklung NFA

  • November 2010: Erster Bericht zur Wirksamkeit der NFA (2008–2011), inklusive Umsetzung und erste Erfahrungen mit der Aufgabenentflechtung. Im Anschluss daran beschloss das Parlament die Dotierung der Ausgleichsgefässe für die zweite Periode bis 2015.
  • Im Juni 2014 liegt der erste Monitoringbericht Föderalismus über mehrere Jahre (2011–2013) vor. Es wird erstmals eine grundlegende Überprüfung der Aufgabenteilung vorgeschlagen.
  • September 2014: Der Bundesrat verabschiedet den zweiten Bericht zur Wirksamkeit der NFA (2012–2015) mit den Erfahrungen in den entflochtenen Bereichen und Verbundaufgaben sowie der Dotation der Ausgleichsgefässe bis 2019.
  • Zusammen mit dem Wirksamkeitsbericht präsentiert der Bundesrat in Erfüllung des Postulats 12.3412 den Bericht zur «Einhaltung der Grundsätze der NFA».
  • 2015 wird die Motion 13.3363 «Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen» vom Parlament angenommen. Der Bundesrat muss 2018 zusammen mit dem dritten Wirksamkeitsbericht (2016–2019) eine vollständige Analyse aller Verbundaufgaben unterbreiten.
  • Die Kantone verabschieden im Juni 2016 ein Positionspapier, in dem sie den Handlungsbedarf in der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen aufzeigen.
  • Der zweite mehrjährige Monitoringbericht Föderalismus 2014–2016 wird im Juni 2017 publiziert und stellt neuere Entwicklungen wie die zunehmende Zentralisierung, neue Verflechtungen und Verbundfinanzierungen sowie die steigende Regelungsdichte bei Programmvereinbarungen ins Zentrum.
  • 2018 erscheint der dritte Wirksamkeitsbericht zur NFA (2016–2019) mit den Dotierungen der Ausgleichsgefässe. Gleichzeitig wird zu entscheiden sein, ob die Aufgabenteilung nach zehn Jahren NFA überprüft bzw. weitergeführt werden soll.