TVA

So besteuert die Schweiz den Onlineeinkauf

Neue digitale Geschäftsmodelle fordern das internationale Steuersystem heraus. Die Digitalisierung rüttelt nicht nur an der bekannten Art und Weise der Gewinnbesteuerung, sondern auch an einer weiteren zentralen Säule des Steuersystems: der Mehrwertsteuer. Die OECD hat die Probleme analysiert und Empfehlungen ausgearbeitet. Ein Blick ins Schweizer Gesetzbuch zeigt: Die Schweiz hat die notwendigen Reformen bereits in Angriff genommen. So funktioniert das Schweizer System. 

Wie inländische Produkte unterliegen in der Schweiz auch importierte Güter der Mehrwertsteuer. Am Zoll werden Importe mit der Mehrwertsteuer belastet und damit den Schweizer Gütern gleichgestellt. Lieferungen von geringem Wert sind von dieser Einfuhrsteuer ausgenommen, beispielsweise Bücher bis 200 Franken oder andere Konsumgüter bis 62.50 Franken. Die administrativen Kosten könnten sonst schnell die abzuliefernde Steuer übersteigen, womit das Ganze für den Staat ein Minusgeschäft ergäbe. 


Diese Regeln machen grundsätzlich Sinn. Sie stammen jedoch aus einer Zeit, in der Importeure grosse Mengen Güter einführten und diese dann von lokalen Händlern an den Mann gebracht wurden. Moderne Geschäftsmodelle funktionieren anders und fordern demzufolge das internationale Steuersystem heraus. Das lässt sich etwa am Onlinehändler Amazon erklären: Fällt eine Onlinebestellung unter den genannten Mindestwert, fällt in der Schweiz keine Mehrwertsteuer an. Inländische Versandhändler sind hingegen voll mehrwertsteuerpflichtig, auch bei Lieferungen von geringem Wert. Sie erleiden deshalb einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz.  

Das Parlament hat sich auf Lösung geeinigt

National- und Ständerat gehen das Problem im Rahmen der laufenden Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes an. Sie haben sich bereits darauf geeinigt, dass ausländische Onlinehändler mit einem Umsatz ab 100’000 Franken nicht mehr von der besagten Freigrenze profitieren können, sondern in der Schweiz voll steuerpflichtig werden. Die Wirtschaft unterstützt dieses Vorgehen, da Wettbewerbsverzerrungen so vermieden werden können.  
International ist die Schweiz damit gut aufgestellt. Im Rahmen des Projekts BEPS zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und -verlagerung (Base Erosion and Profit Shifting) hat die OECD letztes Jahr Empfehlungen entwickelt, die genau in diese Richtung gehen. 


So handhabt die Schweiz Apps und Streaming-Angebote


Güterlieferungen von geringem Wert vom Ausland direkt an den Konsumenten sind das eine. Aber was passiert, wenn die steuerbaren Leistungen keine handhabbaren Güter mehr sind, sondern rein immateriell und auf digitalem Wege direkt aus dem Ausland auf die elektronischen Geräte der Schweizer Konsumenten gelangen? Apps, Musik, E-Books, Zeitschriften, Streaming, Informationsdienstleistungen – der elektronische Absatzkanal wird zunehmend wichtiger. Viele der entsprechenden Anbieter haben in der Schweiz weder eine Niederlassung noch sonst irgendeinen Anknüpfungspunkt. Die Zugriffsmöglichkeiten der Schweizer Steuerbehörden sind somit eingeschränkt. Wenn die Mehrwertsteuer für ausländische Internetunternehmen «essentially voluntary» ist – wie es im BEPS-Bericht zur Aktion 1 digitale Wirtschaft heisst –, dann ergeben sich erneut Wettbewerbsverzerrungen zulasten der heimischen Anbieter.


Die OECD sieht deshalb vor, dass Firmen, die grenzüberschreitend digitale Leistungen liefern, im Land des Konsumenten mehrwertsteuerpflichtig sein sollen. Auch hier ist das Schweizer Gesetz der OECD voraus. Bereits seit 2010 unterliegen ausländische Unternehmen, die in der Schweiz Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen direkt an Konsumenten verkaufen, der Mehrwertsteuer. Solche Unternehmen müssen sich in der Schweiz registrieren und die geschuldete Steuer abliefern. Um die Compliance der ausländischen Unternehmen sicherzustellen, sollte der Prozess der Registrierung und Erfüllung der Steuerpflicht möglichst vereinfacht werden. Insgesamt zeigt sich aber: Im Bereich der Mehrwertsteuer ist die Schweiz international ganz vorne dabei und bereits heute gut auf die digitale Wirtschaft vorbereitet.