Warum die Zukunft der Schweizer Agrarpolitik in Buenos Aires entschieden wird

Gemäss dem Schweizer Bauernverband bestehe «keinerlei Handlungsbedarf» für einen Abbau des Grenzschutzes, da weder TTIP noch die WTO bei der Liberalisierung der Agrarmärkte vom Fleck kommen. Diese Argumentation ist nicht ganz vollständig. Die EU und die vier Mercosur-Länder (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) verhandeln zurzeit ein Freihandelsabkommen. Dadurch ergibt sich sehr wohl dringender Handlungsbedarf: Kommt es zu einem Abschluss – und davon ist auszugehen –, dann sind Schweizer Exportunternehmen schlechtergestellt als ihre Konkurrenten aus der EU.

Zwar ist die Schweiz auch am Verhandeln – sie liegt jedoch zurück und ein erfolgreicher Abschluss bedingt eine Reform der Schweizer Agrarpolitik. Brasilien und Argentinien gehören zu den grössten Exporteuren von Agrarprodukten und werden ein Freihandelsabkommen mit der Schweiz nur dann abschliessen, wenn sie einen fairen Zugang zum Schweizer Agrarmarkt erhalten. 

Symbolbild Südamerikanische Agrarlandschaft

Die Mercosur-Länder sind mit 275 Millionen Einwohner ein wichtiger Markt. Wegen der hohen Importzölle besteht in der Industrie ein grosses Aufholpotenzial. Durchschnittlich betragen die Zölle gegenwärtig sieben Prozent, bei bestimmten Gütern sind es gar 35 Prozent. Entsprechend hoch ist das Diskriminierungspotenzial, sollten die Schweizer Exporteure im Gegensatz zur EU-Konkurrenz weiterhin hohe Zölle entrichten müssen. Das Zeitfenster ist günstig, aber eher kurz. Die EU verhandelt seit 1999 mit dem Mercosur. Ein Abschluss kommt erst jetzt in Sichtweite, da die aktuellen Regierungen in Brasilien und Argentinien auf Liberalisierungen setzen. Das ist erst seit zwei Jahren der Fall. Sollte die Schweiz dieses Fenster nicht nutzen, dann könnte der Zug unter Umständen schon bald wieder abgefahren sein. Die Schweiz darf diesen Anschluss aber nicht verpassen.

Die Schweiz hat nach Norwegen den weltweit höchsten Grenzschutz für Agrargüter.

Angesichts dieser volkswirtschaftlichen Interessen besteht somit dringender Handlungsbedarf. Die Schweiz hat nach Norwegen den weltweit höchsten Grenzschutz für Agrargüter. Es gibt keinen Grund für ein weiteres Aufschieben der überfälligen Reformen. Mehr Markteinkommen für die Bauern bei deutlich weniger Staatseingriffen sollte die Devise sein. Mit diesem Reformansatz wären auch Konzessionen mit dem Mercosur unter dem gegenwärtigen Vorsitz der argentinischen Regierung zu erzielen.