Das süsse Gift der Nationalbankgewinne

Als Folge der Frankenabwertung und der Höchststände an den Aktienmärkten weist die Schweizerische Nationalbank für 2017 einen Rekordgewinn von 54 Milliarden Franken aus. «Wunderbar!» sagen sich findige Politiker und wollen sich aus dieser Schatulle bedienen, um Partikularinteressen zu finanzieren. Würde die Schweiz diesem Ansinnen nachgeben, hätte dies fatale Folgen für die Glaubwürdigkeit ihrer Geldpolitik.

Etliche Kennzahlen der Nationalbank sind in der Tat atemberaubend. So betragen die Fremdwährungsbestände mittlerweile 744 Milliarden Franken. Weil sich unsere Landeswährung 2017 abgeschwächt hat und gleichzeitig die Börsen boomen, ist der Buchwert dieser Anlagen stark gestiegen. Das macht den Grossteil des Nationalbankgewinnes 2017 aus.

Zwanzig Franken und 20 Euro

Buchgewinne: Wie gewonnen, so zerronnen

Bei einer Bilanzsumme in der Höhe von über 800 Milliarden Franken ist die Hebelwirkung solcher Effekte gewaltig. Doch Kursgewinne von 15 bis 20 Prozent an den globalen Finanzmärkten und eine Abwertung des Frankens um 10 Rappen werden sich in den folgenden Jahren kaum wiederholen. Sollte es zu Zinserhöhungen kommen, sind Buchverluste, auch grosse, durchaus im Bereich des Möglichen. Schauen wir zurück: In den letzten zehn Jahren erzielte die SNB zwar sechsmal einen Gewinn, doch sie wies auch viermal einen Verlust aus. Und die Volatilität der Nationalbankgewinne bleibt uns erhalten: Steigende Zinsen können leicht zu Verwerfungen an den Währungs- und Wertschriftenmärkten führen und der SNB grosse Verluste bescheren. Die Nationalbank tut deswegen gut daran, langfristig zu denken und ein Polster für schlechtere Zeiten zu schaffen.

Ein stabiler Franken ist ein tragender Pfeiler unseres Wohlstands. Müsste die Nationalbank dem Wunschkonzert der Politiker folgen, bekäme dieser Pfeiler Risse und wäre akut einsturzgefährdet.

Unabhängigkeit der SNB nicht gefährden!

Angesichts der auf 67 Milliarden Franken angestiegenen Ausschüttungsreserve kann die Nationalbank zusätzlich eine Milliarde Franken an Bund und die Kantone auszahlen. Nicht genug, meinen einige Politiker und fordern zusätzliche Spezialausschüttungen – etwa für den AHV-Fonds – oder die Schaffung eines Staatsfonds, um Projekte «im nationalen Interesse» zu finanzieren. Doch eine derartige Vermischung von Geld- und Wirtschaftspolitik wäre fatal für unser Land. Wie ausländische Erfahrungen zur Genüge zeigen, kann eine Zentralbank im Schlepptau der Politik die Sicherung der Preisstabilität nicht mehr sicherstellen. Doch ein stabiler Franken ist ein tragender Pfeiler unseres Wohlstands. Müsste die Nationalbank dem Wunschkonzert der Politiker folgen, bekäme dieser Pfeiler Risse und wäre akut einsturzgefährdet.

Etwas Gutes haben die Forderungen nach noch höheren Ausschüttungen übrigens dennoch: Wir sehen bereits heute, was nach der Einführung eines Vollgeld-Systems passieren würde. Die Volksinitiative verspricht jährliche Ausschüttungen an den Staat in zweistelliger Milliardenhöhe. Damit wäre die Unabhängigkeit der SNB nicht mehr gewährleistet.