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Forschungsstandort Schweiz unter Druck

Eine neue Studie der Universität St. Gallen zeigt die grosse Bedeutung der multinationalen Unternehmen für den Forschungsstandort Schweiz auf. Sie legt auch dar, dass ein grosser politischer Handlungsbedarf besteht, will die Schweiz ihren Spitzenplatz in den Innovations-Rankings behalten. Unternehmen führen ihre Aktivitäten in Forschung und Entwicklung zunehmend global aus. Dies erhöht den Wettbewerbsdruck auf die einzelnen Standorte. Die Schweiz ist gut positioniert, verliert jedoch in wichtigen Aspekten an Terrain. Hinzu kommt, dass Konkurrenzstandorte gezielt aufrüsten.

Stolz nimmt die offizielle Schweiz jeweils zur Kenntnis, wenn das Land in internationalen Innovations-Rankings Spitzenplätze einnimmt. Vergessen geht dabei der grosse Beitrag, den die Wirtschaft und insbesondere die multinationalen Unternehmen dazu leisten. So hält die Studie «F&I-Aktivitäten multinationaler Unternehmen in der Schweiz» fest, dass rund 70 Prozent der Forschungsaufwendungen der Privatwirtschaft von multinationalen Unternehmen getätigt werden. Oder dass mit Roche und Novartis zwei hiesige Konzerne zu den 20 Unternehmen mit den weltweit grössten Forschungsbudgets gehören. Dieses grosse Engagement ist auch in den Patentaktivitäten sichtbar. «Multinationale Unternehmen sind somit ein wichtiger Treiber von Innovation, die ihrerseits wiederum den Haupttreiber für die Produktivität und das Wachstum einer Volkswirtschaft darstellt», zeigt die Studie weiter auf und untermauert dies mit Zahlen. Allein die 20 F&I-intensivsten multinationalen Unternehmen erwirtschaften etwa 4,7 Prozent des BIP und bieten insgesamt über 80'000 Stellen in der Schweiz an.

Konkurrenzkampf um bestes «Standortangebot»

Diese Zahlen zeigen, dass die Schweizer Spitzenstellung direkt mit der Innovationsstärke der multinationalen Unternehmen verknüpft ist. Doch diese Topposition ist in Gefahr. Denn aus verschiedenen Gründen sind immer mehr Schweizer Unternehmen gezwungen, ihre F&I-Aktivitäten in anderen Ländern durchzuführen. Der steigende Wettbewerbsdruck führt dazu, dass sie ihre Forschungsstandorte immer gezielter aussuchen müssen. Auch weltweit betreiben über 90 Prozent der 1000 Unternehmen mit den grössten F&I-Budgets Innovationsaktivitäten ausserhalb ihrer Mutterländer. Der internationale Kampf der Länder um das beste «Standortangebot» ist schon länger im Gang und wird sich weiter akzentuieren. Mittlerweile konkurriert die Schweiz nicht mehr nur mit westlichen Industrienationen, sondern auch mit den immer attraktiver werdenden Ländern Asiens, wie Studienleiter Oliver Gassmann betont.

Die Schweiz ist gefordert, ihren Standortbedingungen für Innovationsaktivitäten Sorge zu tragen. Noch punktet das Land bei wichtigen Kriterien: bei den relevanten Märkten und Produktionseinrichtungen etwa, oder der politischen Stabilität, dem Zugang zu Fachkräften und gut ausgebildeten Mitarbeitern sowie dem guten Steuerumfeld. Doch diese traditionellen Trümpfe sind unter Druck. So schreibt die Studie: «Durch die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sehen multinationale Unternehmen den Zugang zu ausländischen Fach- und Spitzenkräften als gefährdet an und befürchten, dass ihr Bedarf an Forschungspersonal in der Zukunft möglicherweise nicht mehr gedeckt werden könnte.» Es sei von besonderer Wichtigkeit, dass bei der Umsetzung der Initiative eine für die Forschungs- und Innovationslandschaft verträgliche Lösung gefunden wird.

Handlungsbedarf besteht auch im Steuerrecht. Mit den bisherigen kantonalen Steuerregimes konnten die Forschungsaktivitäten der Unternehmen gezielt und recht umfassend gefördert werden. Nun müssen diese Regimes aufgrund des zunehmenden internationalen Drucks vonseiten der OECD abgeschafft werden. Die Unternehmenssteuerreform III (USR III) zielt darauf ab, einen möglichst gleichwertigen Ersatz für die bisherigen Steuerregimes zu finden. SwissHoldings-Direktor Christian Stiefel weist stets darauf hin: «Die USR III soll zügig vorangetrieben werden, damit Rechtssicherheit geschaffen wird.» Es sind attraktive Alternativen zu den bestehenden Regimes zu schaffen. Dazu gehören insbesondere die Patentbox und Forschungsförderung.

Keine Kürzungen im Forschungsbereich

Der Cluster zwischen öffentlicher und privater Forschung auf kleinstem Raum fördert eine wissensintensive Schweizer Wirtschaft. Deshalb ist im Rahmen der Botschaft für Bildung Forschung Innovation (BFI) 2017 bis 2020 ein überdurchschnittliches und stabiles jährliches Wachstum einzuplanen. Die Wirtschaft ist besorgt, dass vermehrt auch für Bildung, Forschung und Innovation vorgesehene Gelder gekürzt werden. Von diesen Kürzungen ist unter anderem der ETH-Bereich betroffen. Mit der Ausbildung von Fachkräften, seiner starken Forschung und dem Transfer von Wissen leistet er indessen viel für unsere Industrie. Angesichts der Herausforderungen für den Forschungs- und Werkplatz Schweiz sind zusätzliche Investitionen in den BFI-Bereich unabdingbar.

Die Studie «F&I-Aktivitäten multinationaler Unternehmen in der Schweiz» der Universität St. Gallen ist im Auftrag von economiesuisse, scienceindustries und SwissHoldings sowie dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) erstellt worden.