Reform der Verrechnungssteuer stärkt den Kapitalmarkt

Es entspricht einem langjährigen Anliegen der Wirtschaft, den Schweizer Kapitalmarkt zu stärken. Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Reform der Verrechnungssteuer kann dieses Ziel erreicht werden. Aus Kosten- und Bürokratiegründen drängt sich beim sogenannten Meldeverfahren jedoch eine Vereinfachung des bundesrätlichen Entwurfs auf. Die Wirtschaft schlägt dafür in der Vernehmlassungsantwort ein automatisches Meldeverfahren vor, das auf Obligationen und ausländische Beteiligungsrechte beschränkt ist.

Die Verrechnungssteuer auf inländischen Obligationen ist ein zentrales Problem für den Kapitalmarkt in der Schweiz. Unternehmen können sich nicht zu kompetitiven Bedingungen Kapital beschaffen. Grosse Schweizer Unternehmen weichen deshalb für die Finanzierung ins Ausland aus. Und das an einem der weltweit wichtigsten Finanzplätze. Der Bundesrat will den Schweizer Kapitalmarkt stärken und dafür die Verrechnungssteuer reformieren. In einer Vorlage, deren Vernehmlassungsfrist Ende März abläuft, schlägt er einen Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip vor. Der Wechsel ermöglicht es, insbesondere bei Obligationen zwischen Investoren zu unterscheiden: ausländische Investoren, die nicht der Schweizer Steuerpflicht unterstehen, sollen künftig keine Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen mehr leisten müssen. Da Ausländer die Verrechnungssteuer nur teilweise und in einem aufwendigen Verfahren zurückfordern können, investieren sie heute nicht in Schweizer Obligationen. Die Steuersicherung, der eigentliche Zweck der Verrechnungssteuer, soll deshalb auf Schweizer Einkommenssteuerpflichtige beschränkt werden. Bei im Ausland Steuerpflichtigen greift der automatische Informationsaustausch. Durch die Anpassung können die Finanzierungsmöglichkeiten für Schweizer Unternehmen verbessert werden. Finanzierungen, die bislang aufgrund der Verrechnungssteuer im Ausland durchgeführt wurden, gelangen zurück in die Schweiz. Neue Finanzierungsaktivitäten werden angezogen. Der Schweizer Kapitalmarkt wird insgesamt gestärkt und neues Steuersubstrat geschaffen.

In der Vernehmlassung hat ein Teilaspekt der Vorlage im Vordergrund gestanden: das sogenannte Meldeverfahren.

Meldeverfahren: grundsätzlich einfach und kostengünstig
Künftig soll die Verrechnungssteuer bei Obligationenzinsen nicht mehr beim Schuldner, d.h. dem Unternehmen, das die Obligation herausgibt und die Zinsen zahlt, sondern von der Bank (Zahlstelle) erhoben werden. Diese kennt die Zahlungsempfänger und kann entsprechend zwischen ausländischen (verrechnungssteuerfreien) Empfängern und inländischen Empfängern mit Verrechnungssteuer unterscheiden. Die Verrechnungssteuer kann vom Steuerpflichtigen im Rahmen der Steuererklärung zwar zurückgefordert werden. Weil die Rückerstattung aber zeitlich verzögert erfolgt, erleidet der Steuerpflichtige einen Liquiditäts- und Zinsnachteil. Der Bundesrat schlägt deshalb als Alternative zur Verrechnungssteuer ein freiwilliges Meldeverfahren vor, in dem die Zahlstelle den Zinsertrag einmal im Jahr direkt den Steuerbehörden meldet. Für den Steuerpflichtigen ist die Meldung finanziell vorteilhaft. Für die Zahlstellen ist sie einfach und kostengünstig.

Problematisch: doppelte Verfahren sind kostspielig und aufwendig
Problematisch beim Vorschlag des Bundesrats ist, dass die Zahlstellen zwei neue Verfahren einrichten müssen: das Melde- wie auch das Steuerabzugs-Verfahren. Insbesondere die Implementierung eines neuen Steuerabzugs-Verfahrens ist kostspielig und administrativ aufwendig. Da die Banken die Erhebung der Steuer für den Staat übernehmen, müssten sie dafür entschädigt werden. Zudem sind mit einem Zahlstellensteuerabzug im Massenverfahren beträchtliche Abwicklungs- und Haftungsrisiken für die Banken verbunden.

Vereinfachungsvorschlag der Wirtschaft: begrenztes automatisches Meldeverfahren
economiesuisse hat mit den betroffenen Branchen nach Vereinfachungen gesucht und diese in einem auf Obligationen und ausländischen Beteiligungsrechten begrenzten automatischen Meldeverfahren gefunden. Dieser Vorschlag ist sachlich klar vorteilhafter als jener des Bundesrats:

 - Die Umsetzung ist einfach und kostengünstig (nur eines statt zwei neue Verfahren, geringe Haftungsrisiken, eine Entschädigung der Banken ist unnötig).
 
 - Gemeldet werden lediglich Informationen, die im Rahmen der jährlichen Einkommens- und Vermögenssteuerveranlagung von den Steuerpflichtigen ohnehin offengelegt werden müssen. Über die Meldung hinausgehende Zugriffsmöglichkeiten seitens der Behörden auf private Finanzinformationen bestehen nicht.

 - Für reine Bankzinsen sowie Schweizer Dividenden bleibt das heutige System mit der anonymen Verrechnungssteuer bestehen. Dank dieser Einschränkung sind Steuerpflichtige mit Sparkonten sowie Personen, die ausschliesslich Schweizer Aktien besitzen, vom Meldeverfahren nicht betroffen.

 - Das Meldeverfahren ist keine Neuigkeit im Schweizer Steuersystem. So kennen neun Kantone bereits ein automatisches Lohnmeldeverfahren, bei dem der Lohnausweis durch den Arbeitgeber direkt den Behörden zugestellt wird. Auch bei Versicherungen und Vorsorgeleistungen ist die automatische Meldung Standard; lediglich auf Einspruch hin gelangt ein Steuerabzug zur Anwendung. Gemäss Pensionskassenstatistik werden in der zweiten Säule zurzeit rund eine Million Renten ausbezahlt. Nur in absoluten Ausnahmefällen legt jemand gegen die automatische Meldung Einspruch ein. Dazu gesellen sich auch Leistungen aus der Säule 3a und 3b. Das Meldeverfahren ist im Versicherungsbereich effizient implementiert, wenig anfällig auf Fehler und geniesst eine hohe Akzeptanz.