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Marktzugang: Stillstand bedeutet Rückfall im Wettbewerb

Die Bedeutung des internationalen Marktzugangs hat in Bezug auf den Wohlstand der Schweiz in den vergangenen Jahren zugenommen. Da von der Welthandelsorganisation WTO seit mehreren Jahren keine Impulse mehr in Richtung Marktöffnung ausgingen, hat die Schweiz auf die Karte «Freihandelsabkommen» gesetzt. Dies mit grossem Erfolg. Damit das aber so bleibt, braucht es weitere Abkommen und gleichzeitig die stetige Verbesserung der bestehenden.

Die Schweiz ist eine der erfolgreichsten Exportnationen – dank Innovation und Qualität, erstklassigen Arbeitskräften und günstigen Rahmenbedingungen. Insbesondere bei den Rahmenbedingungen gibt es jedoch zunehmend Handlungsbedarf.

Schweizer Aussenwirtschaft ist enorm erfolgreich

Beginnend bei den Kennzahlen fällt auf einen ersten Blick die Leistungsfähigkeit unserer Aussenwirtschaft auf: Rund 24'000 Schweizer Exportfirmen haben 2016 Dienstleistungen und Güter im Wert von weit über 400 Milliarden Franken exportiert. Die Schweiz ist zudem mit 1,12 Billionen Franken der weltweit neuntgrösste Direktinvestor. Demgegenüber haben ausländische Firmen in der Schweiz 833 Millionen Franken investiert. Sie beschäftigen derzeit rund eine halbe Million Erwerbstätige in unserem Land.

Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die Schweiz im Export von Hightechprodukten stark ist. In diesem Segment hat die Schweiz einen Weltmarktanteil von 1,9 Prozent – der Wert der ganzen EU liegt im Vergleich bei rund 15 Prozent. Ebenso fällt auf, dass unsere KMU ihre Tätigkeiten zunehmend global ausrichten. Von den geschätzten 5000 Unternehmen mit Produktionsstätten im Ausland dürften 70 bis 80 Prozent KMU sein. Wir haben also immer mehr KMU, die mit Investitionen im Ausland möglichst nah bei den Kunden sind. Dies ist im internationalen Vergleich ein Spitzenwert.

Auf den dritten Blick wird ersichtlich, dass die internationale Arbeitsteilung zunehmend feingliedriger wird. Während vor 25 Jahren Fertigprodukte oder Rohstoffe einen Grossteil des Handels ausmachten, entfällt heute immer mehr auf Zwischenprodukte (sogenannte Teilkomponenten). Aktuell umfassen diese fast die Hälfte aller Güter im Im- und Export. Globale Wertschöpfungsketten sind entstanden und in vielen Endprodukten sind Schweizer Teile und Dienstleistungen enthalten. Dies eröffnet gerade für spezialisierte Schweizer Unternehmen neue Absatzmöglichkeiten im Ausland.

Verbesserter Marktzugang dank Freihandelsabkommen

Die drei ausgeführten Entwicklungen bedeuten, dass immer mehr Unternehmen – und damit verbunden auch Arbeitsplätze – direkt vom internationalen Marktzugang abhängen. Und gerade dort sind grosse Anstrengungen notwendig, um den heutigen Stand aufrechterhalten zu können. So ist einerseits die Welthandelsorganisation WTO seit Jahren nicht mehr in der Lage, den Marktzugang in Verhandlungsrunden zu vereinfachen. Gleichzeitig nimmt der Protektionismus seit 2008 kontinuierlich zu. Und das bereits fertig ausgehandelte regionale Trans-Pacific-Partnership-Abkommen wurde von den USA nicht ratifiziert und die Verhandlungen über das transatlantische Abkommen TTIP sistiert. Wie reagiert die Schweiz? Dank guter Wirtschaftsdiplomatie konnte der Marktzugang mit gleich gesinnten Partnern verbessert werden – über den Abschluss von Freihandelsabkommen.

Vor allem in diesem Bereich bedeutet Stillstand Rückschritt. Andere Nationen verfolgen die gleiche Strategie. Dies sticht besonders beim Mercosur hervor: Die Schweiz verhandelt seit diesem Sommer mit dieser Ländergruppe über ein Abkommen, während die EU einen Vorsprung hat. Es fällt auf, dass momentan in schneller Abfolge Verhandlungsrunden zwischen der EU und dem Mercosur stattfinden – beide Seiten sprechen von der Endphase der Verhandlungen. Da die Mitgliedsstaaten des Mercosur noch relativ hohe Zölle verlangen, wäre es für die Schweizer Exportwirtschaft nachteilig, wenn die EU ein Freihandelsabkommen hätte und die Schweiz nicht. Unser Land hätte im internationalen Markt einen gravierenden Wettbewerbsnachteil. Nur durch zügige Verhandlungen kann eine solche Diskriminierung unserer Exportunternehmen eingegrenzt werden. Wenn hier mangels Flexibilität in der Schweiz wertvolle Zeit verloren geht, belastet dies früher oder später unseren Wirtschaftsstandort.

Doch es müssen nicht nur neue Freihandelsabkommen abgeschlossen werden. Ebenso zentral ist es, bestehende Verträge regelmässig zu aktualisieren. Je grösser unser Netz an Abkommen ist, desto wichtiger wird diese Arbeit. Neue Themen sind aufzunehmen, überflüssige Barrieren abzubauen. Für die Schweiz steht viel auf dem Spiel.