Für mehr Kostenwahrheit im Bahn-Verkehr

​​Die SBB haben ihre Halbjahreszahlen präsentiert. Dabei gaben vor allem die sinkenden Passagierzahlen zu reden. Verschiedene politische Kreise führen dies auf die Preiserhöhungen der letzten Jahre zurück und sehen den Anfang vom Ende des öffentlichen Verkehrs. Doch gerade die verstärkte Nutzerfinanzierung ist ein Schritt zu einer nachhaltigen Finanzierung. Auf mittlere Frist braucht es ein verkehrsträgerübergreifendes Mobility Pricing.

​Erstmals seit dem Bau der Bahn 2000 weisen die SBB stagnierende Passagierzahlen und eine sinkende Verkehrsleistung auf. Erstere verharrte praktisch auf Vorjahresniveau (–0,2 Prozent), letztere sank um 1,7 Prozent auf 8,5 Milliarden Personenkilometer. Der Grund dafür ist gemäss SBB-Medienmitteilung in der rückläufigen Entwicklung des Freizeit- und Tourismusverkehrs zu suchen. Gleichzeitig konnten der Regional- sowie der internationale Verkehr zulegen. Die steigende Zahl der Halbtax- und Generalabonnemente zeigt zudem, dass die Pendler weiterhin mit dem Zug zur Arbeit fahren. Von einer Verlagerung des Personenverkehrs auf die Strasse aufgrund der Tariferhöhungen kann also keine Rede sein.

Dennoch gibt diese Entwicklung (mehr Pendler, weniger Freizeitverkehr) zu denken. Trotz wachsender Pendlerströme liegt die durchschnittliche Auslastung der SBB-Züge im überregionalen Verkehr bei nur knapp über 30 Prozent. Will man die Effizienz des Personenverkehrs steigern, müssen die Züge in den Nebenverkehrszeiten besser ausgelastet sein. Die Anstrengungen der SBB, den Verkehr mit attraktiven Freizeitangeboten in Spitzenzeiten zu entlasten, sind daher zu begrüssen. Hierzu braucht die SBB einen grösseren Spielraum bei der Preisgestaltung.

Neben der zeitlichen Preisflexibilisierung ist die stärkere finanzielle Beteiligung der Bahnkunden ein wichtiges Mittel, um den Betrieb effizienter zu gestalten. Es ist daher richtig, dass der Bundesrat in der Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) die Nutzer über die Erhöhung der Trassenpreise stärker in die Pflicht nehmen will. Heute bezahlt der Kunde nur rund die Hälfte der Kosten, die er beim Bahnfahren verursacht. Den Rest übernimmt der Steuerzahler. Dies widerspricht dem Verursacherprinzip.

Die verursachergerechte Kostenbeteiligung im Bahnverkehr ist zentral zur Schaffung von mehr Transparenz und Kostenwahrheit. Die Bahnkunden müssen sich bewusst werden, was eine Bahnfahrt wirklich kostet. Die Erhöhung der Billettpreise ist ein erster Schritt dahin. Mittelfristig lässt sich die Kostenwahrheit im Verkehr am besten durch die Einführung eines verkehrsträgerübergreifenden Mobility Pricing, einer Abgabe für die Infrastrukturnutzung, bewerkstelligen. Jede Form von Mobilität – sei es auf der Schiene oder Strasse – würde einheitlich in Rechnung gestellt, mit dem Ziel, die tatsächlichen Kosten in Abhängigkeit von Strecke, Zeit und Nutzungshäufigkeit im Benutzungspreis abzubilden. Die technischen Möglichkeiten dafür existieren schon lange. Zur Umsetzung fehlt bloss noch der politische Wille.