Frühsprachendiskussion: Liebe Kantone, bitte einigt euch

Die Frage scheint mittlerweile über Leben und Tod der Nation zu entscheiden: Welche Sprache soll auf der Primarschulstufe zuerst unterrichtet werden? Die einen sehen die Internationalität der Schweiz in Gefahr, wenn zuerst Französisch gelehrt wird. Die anderen warnen davor, dass die nationale Kohäsion der Schweiz bei der Wahl von Englisch als erster Fremdsprache unter die Räder kommt.

Aus ökonomischer und sprachwissenschaftlicher Perspektive gleicht die Diskussion dem berühmten Streit um des Königs Bart: Erstens spielt es keine Rolle, wann eine Sprache gelernt wird. Es ist nur entscheidend, dass die jungen Menschen in der Deutschschweiz mit 16 Jahren zwingend über ausreichende Kenntnisse in Englisch und Französisch verfügen.

Zweitens wissen wir: Je früher ein Kind eine Fremdsprache lernen soll, desto intensiver muss es damit in Kontakt kommen. Mit zwei Lektionen wird der Durchschnitt der 9-jährigen Schülerinnen und Schüler also kaum substanzielle Lernfortschritte erzielen.

Und drittens geht in der emotional geführten Debatte vergessen, dass mit dem unterschiedlichen Frühsprachenunterricht für Familien Mobilitätshemmnisse geschaffen werden. Wenn gewisse Kantone in der Primarschule kein, andere aber bereits ab der dritten Klasse Französisch unterrichten, haben es Kinder bei einem Wohnortwechsel schwer.

Das Wichtigste ist deshalb, dass sich die Kantone der Deutschschweiz darauf einigen, wann welche Fremdsprache unterrichtet wird. Und weil weniger auch hier mehr ist, lautet der Vorschlag: nur eine Fremdsprache auf der Primarschulstufe. Die andere Fremdsprache kann dann intensiv auf der Oberstufe gelernt werden. Welche Sprache aber die erste ist, spielt für die Wirtschaft keine Rolle – solange es nur dieselbe in allen Deutschschweizer Kantonen ist.