Digital simulieren statt teure Prototypen bauen

Der starke Franken hat die Schweizer Industrie arg gebeutelt. Die Digitalisierung bietet der Schweiz nun die einmalige Chance, diesen Nachteil wettzumachen. Doch ist das mehr als nur eine Floskel? Ja, sagt Siemens-Schweiz-CEO Siegfried Gerlach und zeigt konkrete Beispiele aus dem Skisport und der Luftfahrt. Ein Gastbeitrag.

Die Digitalisierung ist dabei, unsere Welt zu verändern. Das ist eine Tatsache, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Wir haben zwei Möglichkeiten: Wir können sie ignorieren und so tun, als ob alles wie bisher weiterginge. Das wäre meiner Ansicht nach der falsche Weg, denn er würde uns mit Sicherheit in eine Sackgasse führen.

Erachten wir die Digitalisierung doch als Herausforderung und Chance zugleich. Gerade für die vom starken Franken gebeutelte Schweizer Exportindustrie sehe ich viel Potenzial. Mit modernsten Produktionsmethoden können wir den Standortnachteil mehr als wettmachen. Beispiele dafür gibt es bereits: Die Pilatus Flugzeugwerke in Stans entwickeln ihren neuen Business Jet PC 24 mit einer Siemens Entwicklungs- und Simulationssoftware, die es ihnen erlaubt, Flugeigenschaften und ganze Produktionsabläufe zu simulieren und zu testen. Sie sparen damit nicht nur Zeit, sondern vor allem auch Geld.

Ein anderes Beispiel ist die Firma Stöckli, die mit unserem digitalen Know-how ihre Skier weiterentwickelt und deren Eigenschaften am Computer simuliert, testet und verbessert. Sie kann so auf den Bau aufwendiger Prototypen weitestgehend verzichten. Sie setzt sie auch dafür ein, um ihren Topfahrerinnen und -fahrern im Skiweltcup individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Material zur Verfügung zu stellen.

Mit Digitalisierung und Automatisierung sind auch in der Bauwirtschaft, die heute noch sehr traditionell arbeitet, grosse Fortschritte möglich.

Siemens hat sich vor drei Jahren neu ausgerichtet und fokussiert sich seither konsequent auf die Gebiete Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung. Wir sind überzeugt, dass wir so unseren Kunden einen Mehrwert bieten können, mit dem sie sich von ihren Wettbewerbern differenzieren können.

Das gilt aber nicht nur für die Industrie: Mit Digitalisierung und Automatisierung sind beispielsweise auch in der Bauwirtschaft, die heute noch sehr traditionell arbeitet, grosse Fortschritte möglich. Ich denke da vor allem an die vollständige digitale Planung eines Gebäudes. Damit können die Bauzeit reduziert, Lifecycle-Kosten gesenkt und die Lebensdauer verlängert werden. 

Die Digitalisierung ist eine Herausforderung. Unbestritten. Und es gilt auch, vorhandene Ängste und Bedenken (etwa zum Verlust von Arbeitsplätzen), die mit der zunehmenden Digitalisierung aufkommen, ernst zu nehmen. Aber wer, wenn nicht die Schweiz, hat die besten Voraussetzungen, diese Aufgabe zu meistern und eine Vorreiterrolle zu spielen? Wir haben beste Rahmenbedingungen und vor allem auch die notwendigen Fachkräfte, für die unser hervorragendes Bildungssystem sorgt.