Die Orientierung im Nebel nicht verlieren

Als ich heute Morgen nach Bern fuhr, lag dichter Nebel über dem Mittelland. Die Häuser neben den Schienen waren nur schemenhaft zu erkennen. Ähnlich zeigt sich die aktuelle Situation in der Finanzmarktregulierung: Über das Grossprojekt FIDLEG/FINIG ist bereits viel geschrieben und gesprochen worden, doch vieles lag im Nebel. Heute hat der Bundesrat nun die Botschaft verabschiedet und seine konkreten Pläne zur Umgestaltung der Finanzmarktregulierung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Ich befürchte, dass bald gewichtige Stimmen zu hören sein werden, die mit markigen Worten einen pauschalen Abbruch der Übung fordern. 

Doch ein pauschaler Übungsabbruch und eine blosse Beibehaltung des Status quo ist nicht im Sinne der Wirtschaft. Es steht zu viel auf dem Spiel. Regulierungen erfordern es, gegebenenfalls angepasst zu werden und im Nebel muss man sich an festen Punkten orientieren und darf nicht stehen bleiben. Hierzu hat man sich zu fragen: Wohin will man und was braucht es dazu zwingend?

  • Die Schweiz weist einen sehr wettbewerbsfähigen Finanzplatz auf. Entsprechend wichtig sind offene Märkte. Die Schweiz braucht zwingend einen diskriminierungsfreien Zutritt zu den internationalen Märkten. Hierzu muss sie ihre Finanzregulierung angemessen modernisieren und auf internationale Standards ausrichten. 
  • Erforderlich ist hierzu eine gewisse Anpassung des Kundenschutzes. Dieser hat jedoch im Sinne der mündigen und informierten Kundinnen und Kunden zu erfolgen. Eine angemessene Transparenz bei den Produkterisiken, den Kosten und Vergütungen für Drittparteien sowie die Offenlegung von Interessenkonflikten gehören hierzu. Der Staat darf Anleger nicht bevormunden und ihnen ein bestimmtes Investment untersagen. 
  • Ebenfalls müssen Regulierungslücken geschlossen werden, möglichst durch typische, etablierte Schweizer Instrumente wie die Selbstregulierung, um eine grössere Akzeptanz bei den Regulierten zu erreichen und praxisorientierte Lösungen zu bringen.
  • Schliesslich sind gleiche Angebote gleich, unterschiedliche Anbieter aber angemessen differenziert zu regeln. 

Auch wenn ein Übungsabbruch ausser Frage steht, ist bereits in diesem Sinne klar, dass das Revisionsprojekt im Parlament noch an zahlreichen Stellen angepasst und abgespeckt werden muss. Weiterhin finden sich Bestimmungen im FIDLEG, die dort nichts zu suchen haben. So Vorschriften, die in den meisten Fällen fast risikolose Klagen gegen Finanzdienstleister ermöglichen sollen. Oder eine faktische Verstaatlichung des Ombudswesens. Klar abzulehnen sind auch die zahlreichen «Katze im Sack»-Bestimmungen, die bewusst offen formuliert wurden und erst auf Stufe Verordnung präzisiert werden sollen. Das Parlament muss wissen, zu was es Ja sagt und das Gesetz muss hierzu ausreichend klar sein.  

Die Anpassungen des Projekts auf der Basis der Botschaft werden fordernd sein. Sie werden nur gelingen, wenn alle Beteiligten den Weg ohne Sondertouren durch den Nebel angehen. Finanzmarktregulierungsgesetze müssen sachlich angegangen werden und sind der falsche Ort für politische Spiele.